Bibliolog mit Musik?

Ein Experiment, das weiterklingt.

Am Anfang stand ein Missverständnis: weil ich Bibliologe, Liedermacher, Religionslehrer und Kinder-chorleiter bin, hat jemand gedacht, dass das alles zusammenfließen würde. Im Programmheft des Katholikentages in Münster stand also als Bibelarbeit: Bibliolog mit Musik, generationenübergreifend. Was das ist, wusste ich selbst noch nicht, bekam aber ein ermunterndes „Du machst das schon!“ zu hören. Was ich (mit zwei Musikern) daraus entwickelte war genau das: eine Bibelarbeit für Jung und Alt; eingebettet in Lieder und Bitte um Segen und sie war ein Bibliolog. Das Besondere ist, das an einer Stelle des Bibliologs tatsächlich live Musik erklang. Der Pianist hatte nur einen Auftrag: „Hör genau zu, was passiert und lass das Gehörte und Gefühlte in deine Finger gleiten“ – für etwa fünf Minuten lang.

So geschah es, dass es für alle in einem Haus versammelten Menschen hieß: „ihr habt vieles aus diesem Brief gehört und jeder und jede denkt im Stillen nach und von irgendwoher erklingt leise Musik, du lässt deine Gedanken auf Reise gehen.“

Ich habe wahrgenommen, dass das funktioniert. Wer wollte hat für sich selbst innegehalten, wer nicht, hörte einfach nur zu oder schaute aufs Klavierspiel oder in den eindrucksvollen Rathaussaal der Stadt Münster. Es funktioniert aus meiner Sicht, weil es jeder und jedem Raum gibt innezuhalten, einem Gedanken nachzugehen, Erlebtes nachklingen zu lassen. Dieser Bibliolog endete mit der Frage nach einem Wunsch für die Hausgemeinschaft und einem fröhlichen Lied nach der Segensbitte.
Aus meiner Sicht stimmig war ebenfalls das Konzept, die Bibelarbeit für Kinder und Erwachsene gleichermaßen anzubieten. In der Vorbereitung gab mir eine Bibliologin den Tipp: „bereite für Kinder vor, die Erwachsenen lassen sich darauf ein!“. Ein paar Kinder im Grundschulalter beteiligten sich am Bibliolog, die Erwachsenen taten es ebenfalls und kleinere Kinder wuselten zwischen Papphockern und Stühlen hin und her, ohne, dass jemand sich gestört fühlte. Richtig lebendig wurde es dann im Epilog, als die Kinder ausschwärmten um den Frieden zu verbreiten, von dem im Bibliolog ausführlich die Rede gewesen war.

Was einmal Vorbild war, konnte weiterwachsen und so entstand ein nächster Bibliolog mit Musik. Dabei konnten die erwachsenen Teilnehmenden wählen, ob sie lieber König Saul sind, der Klängen lauscht und seinen Geist beruhigt oder ob sie David sind, der auf seiner Harfe Klänge hervorbringt. Auch hier entschleunigt die Musik (wieder live) den Umgang mit dem Schrifttext und hilft zu vertiefen. Ein Saul drückt danach seine mit Eifersucht gemischte Bewunderung aus: „Ich will das auch können! Ich will nicht mehr abhängig sein, sondern ich will mir selbst helfen können!“.

Die Grundform des Bibliologs kann in den Aufbauformen um einige Dimensionen bereichert werden. Mir scheint, dass Musik noch einmal eine andere Dimension berührt, die emotional in die Tiefe geht. Spannend ist dabei, dass es ein wirklich unplanbares Geschehen in einer Momentaufnahme ist, weil das improvisatorische Spiel der Musik nicht reproduzierbar ist, sondern genau in diesem Moment des Bibliologs geschieht.

Wer neugierig geworden ist, hat vielleicht Lust bekommen, einen solchen Bibliolog zu erleben. Eingeplant ist es für den Internationalen Bibliolog-Kongress und den Katholikentag 2022 in Stuttgart, dort wieder generationenübergreifend und mit Musik.